Verfahren zur Enthärtung und Entcarbonisierung von Wasser
Die Enthärtung von Trinkwasser ist aus Sicht der Trinkwasserverordnung nicht erforderlich. In der TrinkwV werden keine Grenzwerte für Härte bzw. für die Mineralien Calcium und Magnesium, die Härtebilder im Trinkwasser, festgelegt. Ab bestimmten Härtegraden macht sich aber auch die Enthärtung von Trinkwasser erforderlich. Wenn die Härte deutlich im Härtebereich III - hart - liegt, wird oftmals eine zentrale Enthärtung gefordert, da dann die Härte sehr auffällig und auch störend werden kann.
Insbesondere unter technischen Aspekten wird eine Enthärtung des Wassers oftmals erforderlich. Dies trifft besonders für Kesselspeisewasser in Kraftwerken und Warmwassersystemen, z.B. Fernwärmeversorgung aber auch für Anwendungen in der Gesundheitstechnik, Lebensmittelindustrie, Mikroelektronik und weitere technische Anwendungen zu. Im Warmwasser kommt es ab 60 °C zum Ausfall von Kalk. Aus diesem Grund wäre es günstig Warmwassersysteme mit Temperaturen unter 60 °C zu fahren. Aus hygienischen Gründen ist dies aber nicht zu empfehlen, insbesondere für große Anlagen.
Im Haushalt führt hohe Härte zu einem vermehrten Verbrauch von Waschmitteln, was aus Umweltschutzgründen auch nicht zu begrüßen ist. Weiterhin werden vermehrt Regeneriersalze in Geschirrspülern und dezentralen Enthärtungsanlagen benötigt. Aus der zunehmenden Technisierung der Haushalte entspringt immer mehr der Wunsch der Verbraucher zur Enthärtung des Trinkwassers. Zunehmend werden auch bei den Verbrauchern Enthärtungsanlagen installiert, die jedoch kostenintensiv sind und in der Praxis oft unzureichend gewartet werden, verbunden mit daraus resultierenden hygienischen Problemen.
Grundlegende Entscheidungskriterien für eine zentrale Enthärtung
Von der Enthärtung spricht man, wenn nur die Härtebildern Calcium entfernt wird. Bei der Entcarbonisierung erfolgt eine Entsäuerung mit Enthärtung (z.B. LEC).
Die Frage einer zentralen Enthärtung sollte ab einer Härte von 21 °dH (3,8 mol/m³) geprüft werden. Abhängig sollte die Enthärtung auch von der Calcitabscheidekapazität des Wassers bei Temperaturen > 60 °C gemacht werden. Die Enthärtung kann auch von den korrosionschemischen Eigenschaften, insbesondere bei der Versorgung mit Mischwasser, abhängig gemacht werden.
Bei einer Enthärtung sollte, um die Anlagen auch wirtschaftlich zu betreiben, mindestens eine Reduzierung von 1 mol/m³ = 5,6 °dH erreicht werden. Bei den Enthärtungsverfahren ist zu beachten, dass neben der Reduzierung des Härtebildners Calcium auch eine Reihe von anderen Eigenschaften und Inhaltsstoffen in Abhängigkeit der Verfahren verändert werden. Dies sind die Reduzierung von Hydrogencarbonat, CO2, die Änderung des pH-Wertes und z.B. die Anreicherung mit Natrium-Ionen bei Ionen-Austauschverfahren. Bei der Enthärtung sollten eine Säurekapazität bis pH 4,3 von 1,5 mol/m³ und ein Calciumkonzentration von 0,5 mol/m³ (20 mg/l) nicht unterschritten werden.
Auswahlkriterien für Enthärtungsverfahren
Zur zentralen und dezentralen Enthärtung stehen eine Reihe von Verfahren zur Auswahl (s. Tabelle). In der zentralen Trinkwasserenthärtung kommen die Verfahren
- Fällung
- Ionenaustausch und
- Membranfiltration
zum Einsatz.
Enthärtungsverfahren
Siehe auch Übersicht Verfahrenskonzepte für Enthärtungsferfahren.
Kriterien zur Verfahrensauswahl
Bei allen Enthärtungsverfahren ist zu beachten, dass es neben der gewünschten Reduzierung zu “Nebenwirkungen” kommt, die erwünscht, vorteilhaft oder auch nachteilig sein können. Es sind aber auch weitere Aspekte der Wasserbeschaffenheit, technologische und wirtschaftliche Fragen zu berücksichtigen. Dies sind im wesentlichen:
- Inhaltsstoffe im Rohwasser
- Aufbereitungsziel
- Aufbereitungsmenge
- Dosierung von Stoffen zur Aufbereitung
- Entsorgung von Reststoffen
- Nachbehandlung des Wassers
- Automatisierung
- Personalqualifikation
- Möglichkeit der Einbindung der Enthärtung in die vorhandene Aufbereitungsanlage
Grundvoraussetzung für eine Entscheidung zur Enthärtung ist eine Wasseranalyse, die mindestens folgende Parameter umfasst:
- pH-Wert; Säurekapazität bis pH 4,3 (KS 4,3); Basekapazität (KB 8,2);
- Temperatur, Leitfähigkeit, SAK bei 254 nm, Trübung,
- TOC, Phosphat
- Eisen, Mangan,
- Ca, Mg, Na, K
- Chlorid, Sulfat, Nitrat,
Bei Bedarf kann es erforderlich werden, dass weitere Parameter untersucht werden müssen.
Auf Grundlage der Wasserbeschaffenheit kann dann die Einsetzbarkeit der Enthärtungsverfahren beurteilt werden. Fällungsreaktionen kommen z.B. nur in Frage, wenn die Konzentration an Phosphaten, Eisen und Huminstoffen nicht zu hoch ist, da sie die Kristallisation des Calciumcarbonates hemmen.
Für Ionenaustausch- und Membranverfahren muss das zu enthärtende Wasser trübstofffrei sein und es darf keine Inhaltsstoffe enthalten, die zu Belägen auf den Austauschern oder Membranen führen. Dies sind Eisen, Mangan, Aluminium und Huminstoffe. Da Grundwasser fast immer größere Mengen Eisen enthält, muss es vorher enteisent werden.
Bei allen Verfahren ist eine Nachbehandlung des enthärteten Wassers erforderlich. Bei Fällungsverfahren ist eine Filtration erforderlich, verbunden mit einer vorhergehenden Flockung. Das enthärtete Wasser ist dann meist calcitabscheidend. Bei Ionenaustauschern und Membranverfahren ist das Wasser calcitlösend und muss entsäuert werden, denn die zugehörige freie Kohlensäure wird durch das Fehlen des Carbonates zur überschüssigen Kohlensäure und führt zur Korrosion an metallischen Installationsteilen.
Siehe auch Übersicht Auswirkung Verfahren
Weiterhin ist die Entsorgung der Rückstände aus der Enthärtung zu betrachten.
Fällungsreaktionen:
Langsamentcarbonisierung
Durch Zugabe alkalischer Stoffe – Calciumhydroxid als Kalkmilch – werden Hydrogencarbonationen und die freie Kohlensäure neutralisiert und als Calciumcarbonat ausgefällt.
Ca2+ + 2HCO3 + Ca(OH)2 -> 2CaCO3 + 2H2O
CO2 + Ca(OH)2 -> CaCO3 + 2H2O
- Die Reaktion läuft schnell ab, aber die Sedimentation der Kalkmilch dauert lange; dies bedeutet große Absetzanlagen!
- Durch Schlammrückführung ist eine Beschleunigung möglich. Der Chemikalieneinsatz kann evtl. durch Vorentsäuerung verringert werden.
- i.d.R. ist eine nachgeschaltete Filtration erforderlich
Schnellentcarbonisierung
- beschleunigte Kalkfällung durch Zugabe von Lauge und Sand
- der Reaktionsablauf ist wie bei der Langsamentcarbonisierung
- ggf. Verminderung des Chemikalienbedarfs durch Vorentsäuerung, i.d.R nachgeschaltete Filtration
- Kalkhydrat wird in Rührwerken zu 5%iger Kalkmilch gelöst und mittels Dosierpumpen dem Rohwasser zugeführt
- Durchlaufen eines Reaktors, eine auf die Spitze gestellten, kegelförmigen Behälter von unten nach oben, in dem das Wasser einige Minuten verbleibt
- Durchlaufgeschwindigkeit im oberen Teil beträgt 20 m/h
- Im Reaktor wird Quarzsand der Körnung 0,5 – 1 mm, etwa 10 l je m³/h Durchlaufmenge zugegeben als Kontaktmittel, auf dem sich das unlösliche Calciumcarbonat als Körner aufbaut
- Schwierigkeit der richtigen Dosierung,
- Laufende chemo-thermische Überwachung erforderlich
- Verbrauch zum Entfernen von 15 °dH: 6 l/h 5%ige Kalkmilch je m³/h Rohwasser
- Kalkanfall je m³; Rohwasser: 680 g Kalk mit Korngröße 3 – 4 mm
Ionenaustausch mittels Carix-Verfahren
- Entfernung von “gelöstem Kalk” durch Austausch gegen Wasserstoffionen,
- Durch Einsatz von Harzmischbett kann auch Sulfat, Nitrat, Chlorid aus dem Wasser entfernt werden
- Austauschprozesse beim Ionenaustausch:
Verfahrenschema:
Vorteile des Carix-Verfahrens:
- korrosionschemisch gute Wasserbeschaffenheit
- keine zusätzliche Aufsalzung des Abwassers
- geringe Vor- bzw. Nachaufbereitung
Membranfiltration
- Rückhalt von “gelöstem Kalk” bei der Passage einer Membran.
- Anwendung von Nanofiltration (NF) oder Umkehrosmose (UO).
- Dabei auch Entfernung von organischen Spurenstoffen.
Siehe auch unter Membranverfahren
Abbildung: Enthärtungsanlagen
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